Meinen Auftakt im Goldenen Herbst macht Madam Rote Rübe mit einem leckeren Gewürz-Zwetschgenmus. Das AROMATISCHE LATWERGE – DAS GEWÜRZ-ZWETSCHGENMUS AUS DER PFALZ findet ihr auch auf ihrem Blog.
Wenn ihr auf Facebook sucht, findet ihr die aktive Madam Rote Rübe natürlich auch.
Zeitreise: Tradition Latwerge
Früher war es in der Pfalz üblich, dass sich im goldenen Herbst die Landfrauen in den Dörfern trafen, um die berühmten Zwetschgen-Latwerge, ein eingedicktes Fruchtmus, zuzubereiten.
In guten Jahren, wenn die Zwetschgenbäume brechend voll hingen mit Früchten, fanden sich in der Erntezeit am Abend die Frauen bei Nachbarn oder Verwandten ein.
Dann saßen sie im Kreis um einen großen geflochtenen Korb, prall gefüllt mit Zwetschgen, herum. In der Hand hielten sie ein scharfes Messerchen und während viel erzählt und gelacht wurde, entsteinten sie fleißig die Zwetschgen.
Natürlich ließ sich die gastgebende Hausfrau gegen Mitternacht nicht nehmen, noch Kaffee und Kuchen, Brot und Hausmacher aufzufahren und bei einigen Gläschen Obstwein hatten alle noch einen Heidenspaß.
Eine gesellige und mühvolle Arbeit
Über Nacht zogen die reifen Zwetschgen Saft und am nächsten Morgen ging es dann weiter. Nun heizte der, der einen Kupferkessel besaß, häufig war es ein Kessel eigens nur für Latwerge, ihn in der Waschküche mit einem Feuer ein.
Sobald die Zwetschgen darinnen waren, fing sofort eine Frau mit dem Rühren an, damit bloß nicht das Mus am Boden anbrannte. Deswegen hieß es auch Latwerg, weil mit einem großen Holzlöffel, Latte, gerührt bzw. gewergt wurde.
Jetzt köchelten die Zwetschgen bis zu 24 Stunden vor sich her, erwünscht war von der Konsistenz eine zähflüssige “Quetscheschmier”.
Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass sich die Frauen bei dieser anstrengenden Tätigkeit abwechseln mussten, damit sie sich und ihre Rücken wieder erholen konnten, vor allem, wenn es gegen Ende zuging und der Rührvorgang zu einer Herkulesarbeit ausartete.
Nun süßten die Landfrauen noch die Latwerge nach Geschmack und gaben mit Zimt, Anis, Sternanis und Nelkengewürz ihre persönliche Note dazu.
Ein herrlicher, warmer Gewürzduft erfüllte den Raum, die besonderen Aromastoffe ließen diese “Schmier” zu einer einzigartigen Spezialität werden, die in Steinguttöpfe, bedeckt mit Cellophanpapier, oder in Einmachgläsern abgefüllt, als Hausfrauenstolz in die Vorratskammer für die langen, düsteren Wintermonate übersiedelte. Als begehrte Süßigkeit für aufs Brot oder als Füllung von Kuchen und Mehlspeisen bereicherte sie den winterlichen Speiseplan.
Heute sehen wir höchstens dieses alte Verfahren noch auf den Bauernmärkten in der Pfalz. Wer Interesse an einer traditionellen Latwerge hat und diese probieren und kaufen möchte, besucht hier den rechten Ort.
Ein uraltes Hausrezept
In einem alten Kochbuch, 1. Ausgabe 1873, “Das Hauswesen” von M.S.Rübler fand ich folgendes Rezept für Zwetschgenmus:
“Die gewöhnliche Zwetschge läßt man, wenn sie schön blau und reif ist, auskernen und in einem saubern hölzernen Gefäß mit dem kleinen Stampfeisen stampfen. Nach und nach tut man die in den Kessel, unter den ein nicht zu starkes Feuer gemacht ist, das auch unterhalten wird. Zu 50 Liter Zwetschgen nimmt man nun 3/4 Liter ausgepreßten Saft der reifen Flieder- oder Holunderbeeren und tut ihn, nachdem die Zwetschgen ungefähr 4-5 Stunden gekocht haben, hinzu, ebenso kleingebrödelten Zimt, zerbrochene trockene Zitronenschale, gereinigten Anis und einige gestoßene Nelken.
Die Zwetschgen müssen, sobald sie im Kessel sind, beständig gerührt werden mit einer sogenannten Musrühre, die immer auf dem Boden des Kessels bleibt, damit das Mus nicht anbrennt, was sehr leicht der Fall ist. Nachdem das Mus ungefähr 9 Stunden gekocht hat, läßt man das Feuer ganz schwach brennen und versucht, ob das Mus die gehörige Steife hat. Man nimmt nämlich einen Löffel davon auf ein Stückchen starkes Schreibpapier, und wenn der Saft nicht durchdringt und das Mus beim Umwenden des Papiers nicht davon abfällt, so ist es gar. Sollte das Mus nicht die erforderliche Süße haben, so muß man etwas Zucker mitkochen.
Man hat sich nun Steintöpfe bereitgestellt, die gehörig sauber sind, füllt das Mus mit einer Holzkelle hinein und macht die Töpfe recht voll davon.
Kann man während des Aushebens des Muses den Kessel nicht vom Feuer nehmen, so muß alles Feuer darunter weggezogen und das Mus noch immer gerührt werden, bis man überzeugt ist, daß es sich nicht an den Kessel anlegen kann.
Je schneller und heißer das Mus aus dem Kessel kommt, um so besser ist es. – In den Kessel läßt man sogleich Wasser gießen und ihn reinigen.
Andern Tags wird das Mus eine Kruste haben, und man bindet dann die Töpfe mittels starken Pergamentpapiers und Bindfadens zu.
Dieses Mus hält sich Jahr und Tag.”
Rezept
Zwetschgen-Latwerge, traditionell
6 kg reife Zwetschgen
4 Stangen Zimt
1 Vanillestange
2 MSP Nelkenpulver
2 MSP Kardamon
2 MSP Anis
3 Sternanis
oder 2 gestr. TL fertiges Latwerge-Gewürz
0 bis zu 600 g Honig (Zucker), je nach GeschmackZwetschgen gut waschen, mit einem scharfen Obstmesser entkernen. In einen Bräter mit den Gewürzen einschichten und bei 180°C in den Backofen geben. Wenn Ihr fertiges Latwerge-Gewürz verwendet, dies erst zum Schluss mit dem Zucker einrühren. Ganz wenig Wasser, 100- 200 ml, zugeben, damit nichts ansetzt und nun bis zu 4-6 Stunden im Backofen stehen lassen. Ab und zu mit einem Holzlöffel durchrühren, die Latwerge stets im Auge behalten, damit sie nicht anbrennt. Die Masse sollte zu einem streichfähigen Mus, dunkel und zähflüssig, eingedickt sein.
Auf den Herd stellen und gut durchrühren, dabei die Gewürze herausfischen und nach Geschmack süßen.
Zwetschgen bestehen aus viel Fruchtsüße und durch das stundenlange Einkochen haben wir ein süßes Fruchtmus, daher vorsichtig süßen.Wer möchte, kann die Latwerge noch durch die Flotte Lotte drehen oder mit dem Zauberstab pürieren.
Heiß in sterile Twist-off-Gläser randvoll einfüllen, 5 Minuten auf den Kopf stellen, wieder umdrehen.Tipp:
Bei uns daheim ist es üblich, dass diese köstliche Zwetschgenmarmelade in kleineren Einmachgläsern bei 80°C nochmals 20 Minuten eingekocht wird, und ich sage nicht zuviel, selbst nach Jahren, schmeckt diese zum Niederknieen leckere Köstlichkeit wie frisch.
Latwerge begleiten mich schon mein Leben lang, ein Kanten Brot, dick mit Butter bestrichen und süße Latwerge darauf, gehören für mich unbedingt zur traditionellen Pfälzer Esskultur.
Allein der Duft, es schmeckt nicht nur würzig, es riecht auch wunderbar, kein Wunder, die ganze weihnachtliche Gewürzpalette enthält diese Schmier. Von solchen Kindheitsdüften lasse ich mich gerne aufmuntern und Ihr? Welche Marmelade begleitet Euch schon immer?
So, jetzt gehe ich in die Speisekammer und vergieße eine Träne, denn dieses Jahr gibt es eine Zwetschgenernte, die ist mehr als mau.
Alles Liebe, Eure